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MedienmitteilungVeröffentlicht am 26. September 2025

Das schweizerische Jugendstrafrecht bewährt sich

Bern, 26.09.2025 — Die Schweiz verfügt mit dem Jugendstrafgesetz über ein taugliches und wirksames Instrument für den Umgang mit Jugendkriminalität. Dies hält der Bundesrat in einem Bericht fest, den er an seiner Sitzung vom 26. September 2025 verabschiedet hat. Handlungsbedarf sieht er unter anderem bei der Anwendung von Mediationsverfahren, beim Ausbau von Vollzugsplätzen für straffällige Jugendliche sowie bei der Information der Öffentlichkeit zum Jugendstrafrecht.

2024 wurden 10'918 Minderjährige beschuldigt, eine Straftat gemäss Strafgesetzbuch (StGB) begangen zu haben, das entspricht 1,2 Prozent der ständig in der Schweiz wohnhaften Minderjährigen. Zwischen 2009 und 2016 war die Zahl von 14’899 auf 7’940 gesunken, in den Folgejahren stieg dieser Wert wieder etwas an, das Niveau von 2009 wurde jedoch nicht mehr erreicht. In den Jahren 2023 und 2024 zeigte sich eine leichte Stabilisierung. Der langfristige Trend weist auf eine Abnahme der Rate der minderjährigen Beschuldigten pro 100 Einwohnerinnen und Einwohner hin, trotz kleiner Schwankungen in der zweiten Hälfte des Beobachtungszeitraums. Bei Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG) war zwischen 2009 und 2017, anders als bei Straftaten gegen das StGB, eine leicht steigende Tendenz der Anzahl beschuldigter Minderjähriger zu beobachten, seither sinkt die Zahl kontinuierlich.

Die überwiegende Mehrheit der Jugendlichen in der Schweiz wird nicht straffällig, während umgekehrt ein Grossteil der Straftaten von einer kleinen Minderheit begangen wird. Minderjährige werden vor allem wegen Straftaten gegen das Vermögen (z. B. Sachbeschädigung, Ladendiebstahl), gegen die Freiheit (z. B. Hausfriedensbruch, Drohung) und Delikten gegen Leib und Leben (z. B. Tätlichkeiten, einfache Körperverletzung) beschuldigt. Jugendkriminalität verläuft in den meisten Fällen episodisch: Kriminelle Aktivitäten nehmen im frühen Jugendalter zu, erreichen ihren Höhepunkt in der mittleren bis späten Jugend und gehen danach deutlich zurück. Nur ein geringer Anteil der Jugendlichen verhält sich auch im Erwachsenenalter kriminell.

Dies geht aus dem Bericht des Bundesrats in Beantwortung des Postulats 23.3205 («Haben wir ein Problem mit Jugendkriminalität?») von Ständerat Stefan Engler hervor. Es verlangte vom Bundesrat, eine Bestandesaufnahme zu den Themen Jugendkriminalität, Wirksamkeit jugendstrafrechtlicher Sanktionen und Prävention vorzunehmen. Der Bericht wurde vom Bundesamt für Sozialversicherungen in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Justiz erarbeitet.

Präventionsmassnahmen wirkungsorientiert weiterführen

Der Bundesrat hält im Bericht fest, dass Kriminalität bei Jugendlichen durch ein Zusammenspiel von individuellen, sozialen und strukturellen Risikofaktoren begünstigt wird. Dementsprechend erfordert auch deren Prävention ein ganzheitliches und differenziertes Vorgehen. Nebst Massnahmen, die sich an alle Jugendlichen richten (z.B. an Schulen durchgeführte Trainingsprogramme zur Förderung psychosozialer Kompetenzen), braucht es auch solche, die sich gezielt an Risikogruppen richten. Zudem gilt es, die Massnahmen der verschiedenen Akteure aufeinander abzustimmen und eng zu koordinieren. Das betrifft unter anderem die Bereiche Schule, Berufsbildung, Kinder- und Jugendhilfe, Polizei sowie psychotherapeutische Einrichtungen.

Für die Prävention sind in erster Linie die Kantone zuständig. Der Bundesrat empfiehlt, die Prävention auf kantonaler Ebene weiterzuführen und weiterzuentwickeln. Der Bund ist unterstützend tätig. Er richtet unter anderem Finanzhilfen an gesamtschweizerisch oder sprachregional tätige Organisationen aus, die Präventionsmassnahmen umsetzen.

Strafen, Schutzmassnahmen und Mediationsverfahren als wirksame Instrumente des Jugendstrafrechts

Für den Umgang mit straffälligen Jugendlichen verfügt die Schweiz mit dem Schweizerischen Jugendstrafgesetz über ein sehr gutes und wirksames Instrument: Straffällige Jugendliche werden nicht nur mit einer Strafe belegt, sondern es werden auch erzieherische und/oder therapeutische Massnahmen angeordnet, die die Jugendlichen vor weiteren Straftaten abhalten sollen. Strafen wie zum Beispiel Freiheitsentzug von bis zu vier Jahren werden kombiniert mit Schutzmassnahmen wie Aufsicht, persönliche Betreuung, ambulante Behandlung oder Unterbringung in einer offenen oder geschlossenen Einrichtung. In den Verfahren wird das Bezugsnetz der Jugendlichen (Familie, Lehrpersonen, Lehrbetrieb etc.) einbezogen und es werden Fachpersonen konsultiert. Das Jugendstrafrecht sieht zudem die Möglichkeit der Mediation vor, mit der die Beteiligten ihre Konflikte mit Unterstützung einer neutralen Mediationsperson klären können. Diese wirkt stark präventiv.

Aus Sicht des Bundesrates bewährt sich das Schweizerische Jugendstrafrecht. Er sieht deshalb zurzeit keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Der Bundesrat regt jedoch an, dass die kantonalen Jugendstrafbehörden die Anwendung von Mediationsverfahren vermehrt prüfen. Er empfiehlt zudem, dass die kantonalen Jugendstrafbehörden und das Bundesamt für Justiz die Öffentlichkeit und die Fachwelt besser über das Jugendstrafrecht informieren: Ziel ist, weitere Straftaten zu verhindern sowie die Erziehung und den Schutz der Jugendlichen sicherzustellen. Dafür stehen die Möglichkeiten von Strafen, Schutzmassnahmen und Mediationsverfahren zur Verfügung.

Plätze für psychisch belastete Jugendliche fehlen

In vielen Fällen dauert es sehr lange, einen geeigneten Vollzugsplatz für Massnahmen für straffällige Jugendliche zu finden. Handlungsbedarf besteht insbesondere beim Ausbau von spezialisierten Plätzen für psychisch schwer belastete Jugendliche. Die Kantone sind dafür zuständig, ein Angebot zu schaffen, das auf die spezifischen Bedürfnisse der straffälligen Jugendlichen angepasst ist. Der Bund wird sie dabei weiterhin finanziell unterstützen.

Dokumente

Links

Postulat 23.3205 von Ständerat Stefan Engler: Haben wir ein Problem mit Jugendkriminalität?